Wie wird man Autorin? Im Gespräch mit Daphne Unruh | S01 E02
Wie wird man Autorin?
David spricht mit Daphne Unruh darüber, wie man Autorin wird. Dabei geht es um den kreativen Prozess, Self-Publishing und Daphnes Weg vom Drehbuchschreiben zur Romanautorin. Sie erzählt, wie es ist, vom Schreiben zu leben und gibt Tipps an alle, die es zum Beruf machen wollen. Wie läuft ein Drehbuchstudium ab? Brauchst du einen Agenten? Wie ist die Zusammenarbeit mit Verlagen? Außerdem erfahrt ihr, warum Daphne auch unter einem Pseudonym schreibt und welche Rolle sie bei der Gründung von Amazon Deutschland spielte.
Daphne Unruh studierte Kunst, Kreatives Schreiben und Drehbuch. Heute ist sie bekannt für ihre fantastische Jugendbuch-Reihe “Zauber der Elemente”. Daphnes Podcast findest du auf Patreon. Das Gespräch mit Daphne Unruh wurde im Sommer 2020 geführt.
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David: Herzlich Willkommen zum Campfire Talk – der Podcast für kreative Macher, Abenteurer und Naturbegeisterte.
Ich habe heute einen ganz besonderen Gast in der zweiten Folge, und zwar ist das Daphne Unruh. Hallo Daphne!
Daphne: Ja, Hallo!
David: Daphne, du bist Bestsellerautorin. Du hast Kunst, kreatives Schreiben und Drehbuch studiert. Und hast inzwischen schon eine ganze Reihe von Romanen veröffentlicht. Wie viel sind das eigentlich? Ich glaube, das sind inzwischen, je nachdem wie man es zählt, aber es sind so 12, und ich schreibe am 13.
David: Oh, Wahnsinn und du bist hauptsächlich bekannt für deine Buchreihe “Zauber der Elemente”, die also wirklich durch die Decke gegangen ist. Und vielleicht ganz am Anfang für unsere Zuhörer, wie haben wir uns eigentlich kennengelernt?
Daphne: Wir haben uns kennengelernt über meinen Sohn. Weil er YouTuber ist und einen Film drehen wollte. Und dafür hat er dann aufgerufen, sich bei ihm zu bewerben, um einen Teaser zu drehen. Und da wurdest du aus 2000 E-Mails, die da eintrudelten, ausgewählt als Produktionsleiter. Und da dieser Dreher plötzlich hier bei uns in unserem Dorf stattfand, auf einem Feld, standest du auf einmal bei mir im Flur.
David: Genau, es war, glaube ich, eine ziemlich verrückte Zeit. Ich weiß nicht, wie du diese Drehtage und die Zeit rum erlebt hast. Es war schon ziemlich verrückt. Wir waren ja vorher noch mal auf Location-Tour kurz bei euch.
Und da haben wir uns eigentlich so zum ersten mal kurz getroffen.
Daphne: Du warst einmal vorab da. Ja. Jetzt erinnere ich mich.
David: Genau, da haben wir kurz gebraten, waren aber irgendwie im üblen Stress und mussten dann irgendwie wieder nach Berlin zurück, und keine Ahnung.
Daphne: Ja, also ich fand diese Zeit, das war wirklich ein absolutes Highlight meines Lebens bisher, würde ich sagen. Ich meine, das ganze Filmteam, um die 20 Leute war ja fünf Tage hier und bevölkerte nachts in mein ganzes Haus irgendwie, weil plötzlich irgendwelche Krisensitzungen stattfanden, wegen dem Wetter. Und ich fand das alles total spannend.Und ich war ja offiziell jetzt einfach nur der Caterer, aber ja inoffiziell ja dann doch auch die diplomierte Drehbuchautorin, die dann immer am Set noch mal schnell Tipp geben konnte, wenn Toni mich fragte.
David: Genau. Daphne: Ja, so war das.
David: Also, jetzt hast du es schon angesprochen. Als Drehbuchautorin konntest du da immer ziemlich hilfreiche Tipps geben. Ich habe schon erzählt, du hast Kunst, Kreatives Schreiben und Drehbuch studiert. Aber als was würdest du dich bezeichnen? Als Autorin, Schriftstellerin, Drehbuchautorin oder so im weitesten Sinne vielleicht sogar als Unternehmerin? Weil du ja auch viel mit Self-Publishing zu tun hast.
Daphne: Ja. Man ist als Self-Publisher – also ich bin ja nicht nur Self-Publisher, sondern auch. Also man ist so ein Hybrid-Autor sozusagen. Man macht halt mal mit den Verlagen, wenn man möchte und es passt.
Und mal auch dann wieder nicht. Und das ist
diese schöne neue große Freiheit, die es da gibt.
Aber ich selber nenne mich eigentlich immer Autorin einfach. Also Schriftstellerin nicht. Schriftsteller sind für mich Hochliteratur.
David: Okay!
Daphne: Und sonst auch vielleicht… Manchmal denke ich, also eigentlich bin ich auch eine Lebenskünstlerin, die schreibt. Das finde ich auch manchmal passend.
David: Aber dann so, wenn ich dich jemand fragt, was dein Beruf ist, würdest du Autorin sagen?
Daphne: Ich sag dann Autorin.
Oder wenn man irgendwo etwas hinschreiben muss, dann schreibe ich auch Autorin und manchmal schreibe ich dann noch Lektorin dazu. Das kommt immer auf den Zusammenhang an. Weil unter Lektorin können sich viele Leute dann mehr einen Beruf mit Verdienst vorstellen.
David: Ja.
Daphne: Und bei mir ist es aber so, dass ich ja wirklich zu diesen glücklichen fünf bis zehn Prozent der Autoren gehören darf, die da auch inzwischen davon leben können. Aber es ist nicht in der großen Wahrnehmung so, dass Autoren wirklich davon leben können.
David: Und das ist vielleicht eine sehr allgemeine Frage. Aber wie bist du da hingekommen? Also du hast studiert. Und wie war dann dein Weg, zu diesen fünf bis zehn Prozent zu gehören? Also wie bist du zu so einer erfolgreichen Autorin geworden?
Daphne: Also am Anfang stand, dass ich eigentlich mich so in so einer Mitt-20er oder Anfang 20er Lebenskrise frei geschrieben habe. Was man so kennt. Anfang 20. Große unglückliche Liebe. Alles ist ganz furchtbar. Und dann fing ich an, irgendwie Tagebuch zu schreiben und habe so ein Jahr lang wirklich 2000 Seiten Tagebuch geschrieben. Ich war dann schon 20, als ich das Abi dann hatte. Und dann wollte ich studieren und habe immer nicht so das richtige für mich gefunden.
Also war ich so auf der Suche. Ich war auch lange danach so darauf ausgerichtet, irgendwas mit Zeichnen oder Malen zu machen. Weil das immer das war, was meine Mutter sagt. Ich war so die Zeichnerin. Aber ich habe mich so in diesen Ateliers dann bei den Künstlern, wo man dann so mal war, irgendwie nie so richtig richtig gefühlt. Oder wohl gefühlt. Und bin dann erst so auf das Schreiben über dieses Tagebuch- schreiben gekommen. Aber auch eigentlich schon davor durchs Lesen. Weil irgendwann habe ich mit großer Faszination die Weltliteratur vor allem Viktor Gogol gelesen.
Und ja “Die Elenden”, das kennt ja fast jeder, weil es inzwischen auch Theaterstücke und sowas dazu gibt und Verfilmung. Das hat mich als ich das gelesen habe, war das so eine Initiation in Richtung Fiktion, weil das mich so fasziniert hat wieder innerhalb von drei Bänden so von verschiedenen Punkten anfangend ein
Geschichte aufzubauen. Und das am Schluss eine ganze Pyramide ergibt. Das hat mich fasziniert auf der Ebene. Und dann kam halt erstmal dieses persönliche Schreiben dazu. Dann dachte ich:
Das ist es! Ich muss was mit Schreiben machen, weil alles, was sich bisher in meinem Leben gemacht hat und sich wie zu nicht zusammenpassende Puzzleteile anfühlt, findet so unter dem Schreiben ein Dach.
Weil beim Schreiben braucht man viele Erfahrungen aus ganz vielen Richtungen und Ebenen und plötzlich hatte ich das Gefühl: Okay, jetzt macht mein Leben Sinn.
David: Cool. Wie war das? Gab’s da für dich noch einen Erleuchtungsmoment. Also war das eher ein Prozess, wo du realisiert hast: “Das ist es.”? Oder war das so: Jetzt gab es den Moment und du hast auf einmal realisiert, okay das Schreiben scheint irgendwie mehr als nur ein Hobby zu sein oder das ist irgendwie das, was ich wirklich machen will.
Daphne: Ich hatte auch Vorbilder in der Zeit. Ein Freund von mir hatte mir so ein kleines Büchlein geschenkt.
Das war eine kleine Geschichte von Anaïs Nin.
Und diese Autorin hat mich sehr fasziniert.
Dadurch bin ich auf Henry Miller gekommen und auch die Schriftsteller der 1920er Jahre. Diese ganze Welt hat mich so fasziniert. Dann habe ich eben auch ihre Tagebücher gelesen.
Die sind beide eigentlich am bekanntesten in der Masse wegen ihrer Affäre und ihren Erotikgeschichten.
Das war das, was mich so gar nicht interessiert hat. Mich hat diese Biografie von denen interessiert und auch Henry Miller, der so ein Lebenskünstler war. Das hat mich so angesprochen, dass ich dachte, ich muss selber schreiben. Muss einfach selber schreiben. Das ist es. Und das war so eine Initiation, ja.
David: Und dann hast du dich für das Studium beworben und wurdest dort angenommen?
Daphne: Das war das noch nicht. Es war 1995 und da gab es so fast noch gar keine Möglichkeiten, Schreiben zu lernen in Deutschland. Dieses creative writing, was es schon lange in Amerika gibt, und auch diese Überzeugung, dass das ein Handwerk ist, was man lernen kann. Das war in Deutschland zu der Zeit noch gar nicht groß verbreitet. Es gab vielleicht so zwei Bücher oder drei Bücher in Deutschland überhaupt über das Schreiben. Die habe ich mir geholt. Eins war im Zusammenhang mit einem Fernstudium.
Dann habe ich erst mal ein Fernstudium am Institut für kreatives Schreiben in Berlin gemacht. Poesiepädagogin hieß ich dann am Schluss. Dann habe ich Schreib-
Gruppen geleitet. Ich fand auch immer dieses Schreib-therapeutische interessant – auch Schreib-Pädagogik, aber eben auch dieses selbst Schreiben. Was ich dann gemacht habe ist, dass ich den ersten Roman geschrieben habe. Da wollte ich einfach nur wissen, ob ich überhaupt die Länge durchhalte. Mehr Anspruch hatte ich nicht. Und da habe ich dann auch etwas Autobiografisches geschrieben. Das habe ich dann auch unter ganz anderem Namen irgendwann mal veröffentlicht. Aber inzwischen habe ich es wieder runtergenommen. Also es ist inzwischen geheim. Das ist so mein allererstes Buch,
wo ich nur die Länge durchgehalten habe. David: Wie lange ist es dann geworden?
Daphne: Das ist schon so 300 Seiten. Ich hatte auch Leser, die das toll fanden. Ich hatte sogar einen Verlag in Wien, der das vielleicht sogar veröffentlichen wollte. Aber das hat nicht geklappt, weil die nur eine Förderung für Wiener für österreichische Autoren hatten, nicht für mich. Aber das waren so die Anfänge. Dann habe ich, wie gesagt, dieses Studium gemacht.
Dann bin ich durch eine Freundin in die Spieleentwicklung gekommen. Um die 2000 ging es los mit den Games und da habe ich zum ersten Mal dann Werk-Drehbücher geschrieben für die Programmierer, die die Spiele programmieren.
Da habe ich für Benjamin Blümchen geschrieben. Drei Drehbücher: Benjamin Blümchen erklärt das Wetter oder den Verkehr und dann auch noch mal für Hase Felix. Den kennst du vielleicht.
Den haben zu der Zeit viele Kinder gelesen. “Rund um die Welt mit Felix”. Da habe ich gemerkt, dass das Schreiben in Bildern total klasse ist. Das hat mich zum Film gebracht.
David: Das heißt, du hast studiert. Dann hast du dort für die Spieleentwicklung geschrieben und dann bist du zum Drehbuch schreiben gekommen? Daphne: Genau über die
Spielerentwicklung und daraufhin habe ich mich… -Das hatte ich irgendwo im Internet gefunden. Da hat eine Produktion Drehbuchautoren gesucht. Da sollte man ein Probe-Drehbuch schreiben. Da haben sich 300 Leute beworben und drei Leute wurden genommen. Eine war ich.
David: Ah, cool!
Daphne: Das hat mich so… Ich scheine etwas ganz gut zu können. Dann haben wir da ein Jahr lang Drehbücher entwickelt. Das war für …
den Gründer von Senator Film. Er hatte eine eigene Stoffentwicklung gestartet. Aber da ist dann leider nie etwas daraus geworden. Dann so nach einem Jahr fing immer an, wieder die Geschichte neu erzählen zu wollen. So ganz neu. Also er hatte irgendwie kein Vertrauen, dass alles jemals stimmig ist.
David: Nachdem das Buch quasi schon fertig war oder die Story komplett geplottet, hat er wieder von vorne angefangen und gesagt: Nein, wir müssen…
Daphne: …ganz von vorne anfangen. Das hat er mit mir gemacht und auch mit anderen Autoren. Die Erfahrung ist, wenn du einmal so ganz intensiv eine Geschichte erzählst, ein Jahr lang, bist du danach verbrannt für die Geschichte. Du kannst nicht komplett neu anfangen. Aber das hat mich dann dazu gebracht, mich an der deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin zu bewerben. Ich dachte, ich studiere Drehbuch. Das ist cool.
David: Das hast du dann auch gemacht
Daphne: Das hat geklappt, genau. Da haben sie mich genommen. Dann habe ich dort zwei Jahre Drehbuch studiert.
David: Ach cool. Wie muss man sich das vorstellen – für jemanden, der jetzt überhaupt keine Ahnung davon hat. Wie läuft so ein Drehbuchstudium ab?
Daphne: Ich fand es ein tolles Studium, weil das ja ein rein kreatives Studium ist, wo man auch keine Zensuren bekommt oder sowas. Also es ist so, dass du immer ein- oder zweiwöchige Seminare nacheinander hast. In jedem Seminar-Blog passiert etwas anderes und du hast einen anderen Dozenten. Diese Dozenten kommen auch von außen teilweise. Also ich war z.B. zwei Wochen mit den Machern von Silco zusammen. Das war für mich ein totales… Ich war ganz sprachlos davon, weil ich als kleines Ost-Mädchen habe Silco früher im Ost-Kino gesehen und hätte nie gedacht, dass ich mal mit diesen Menschen aus Hollywood zusammensitze. Solche Leute waren da. Deswegen gab es teilweise richtig spannende Seminare. Gleichzeitig sind dort an der Uni ja auch die Regisseure, die ausgebildet werden, die Produktionsleiter, die Kameraleute. Und die müssen immer ihren Erstjahres- und Zweitjahresfilm machen.
Die suchen sich dann manchmal aus den Drehbuch-Jahrgängen Leute und so bilden sch manchmal Filmteams und bleiben vielleicht sogar Leben lang zusammen. Es läuft ganz frei. Der Abschluss ist einfach dass du nach dem ersten Jahr ein Drehbuch schreibst und nach dem zweiten Jahr ein Abschluss-Drehbuch. David: Wurden die dann direkt schon verfilmt? Gab es bei dir
auch solche Zusammenarbeit, dass du dann in Projekten
schon mit denen zusammengearbeitet hast oder?
Daphne: Das ist ganz schwierig. Also in den 30 Jahren wurde so gut wie nie irgendwas verfilmt.
Zumindest nicht von diesen Drehbuchautoren. Also meins war ganz gut, weil ich hatte wirklich die Nominierung für die wichtigsten deutschen Preise mit dem Abschluss Drehbuch. Das hat mir nochmal einen Schub gegeben. Weil ich dachte: “Okay, das scheint ja irgendwie anzukommen”. Es hat mir Mut gemacht, mich da wirklich hineinzustürzen und zu sehen, wie es da weitergeht. Aber ich glaube, das will ich jetzt gar nicht alles so genau erzählen. Da muss man sich einfach meinen Podcast anhören.
David: Genau, du hast nämlich auch einen Podcast. Wer das noch nicht weiß, kann gerne mal auf Patreon vorbeischauen: patreon.com/daphneunruh.
Dort erzählst du noch mal ganz genau diese Geschichte.
Daphne: Genau, das ist schon ganz genau erzählt und deswegen brauchen wir die nicht nochmal erzählen.
David: Vielleicht noch einen ganz kleinen Schritt zurück. Du hast gesagt, du hast dein allererstes Buch, bei dem du einfach nur schauen wolltest, ob du durchhalten kannst und ob du so ein komplettes Buch schreiben kannst. Das hast du unter einem Pseudonym veröffentlicht. Du schreibst ja auch andere Bücher unter Pseudonym. Ist das richtig?
Daphne: Genau, das ist dann sozusagen Pseudonym 3. Irgendwann habe ich das abgekoppelt von meinem Pseudonym 1 und 2 sozusagen. Also, Daphne Unruh ist ja mein Haupt-Pseudonym. Wobei Daphne wirklich der echte Name ist. Und Unruh ist aber auch ein halb echter Name, weil das ist ein Familienname. Also meine Vorfahren hießen von Unruh. Das “von” habe ich aber weggelassen, weil mir das zu kandidelt war. Aber das “Unruh” hat gut zu mir gepasst. Es hatte auch eine Geschichte. Das ist dieses eine Pseudonym. Dann gab es noch ein zweites Pseudonym. Das ist Merelie Weit. Darunter habe ich für den Aufbau Verlag geschrieben. Liebesgeschichten mit fantastischem Element. Die Phantastik ist bei mir immer ein bisschen drin. Man teilt es in unterschiedliche Pseudonyme auf, weil es wie eine Marke ist.
David: Genau, das wäre die nächste Frage gewesen. Warum man das macht.
Daphne: Genau, weil das wie eine Marke ist. Der Leser möchte, dass drin ist, was drauf steht.
David: Das heißt, unter Daphne Unruh findet man Fantasy-Jugendbücher.
Daphne: Genau, young adult – Jugend-Fantasy. Unter dem anderen Namen, die Liebesromane. Meistens ist es so, dass sich die Zielgruppen auch wirklich gar nicht so doll überschneiden. Deshalb ist es wichtig.
David: Blöde Frage, aber wie fühlt sich das an? Also ich veröffentliche meine Filme ja unter David Cebulla, also mein ganz normaler bürgerlicher Name. Wie fühlt sich das an, wenn man gar nicht so wirklich persönlich auf dem Cover steht? Wenn man sich da hinter verstecken muss oder darf oder wie siehst du das?
Daphne: Da hatte ich eigentlich … Gute Frage, da merke ich mal, ich habe gar kein Problem damit. Ich bin ja Merelie Weit und ich bin ja Daphne Unruh. Daphne Unruh ist aber auch der Name, den ich wirklich hauptsächlich als meinen Name empfinde – noch stärker als den bürgerlichen Namen – und der steht auch in meinem Ausweis als Künstlername. Das ist für mich sowieso mein Name, mit dem ich mich identifiziere und von daher ist alles gut.
David: Ja schön. Es könnte ja sein. Im Marketing wird ja eher dazu geraten, alles unter einem Namen zu veröffentlichen und dann personal branding zu machen. Es ist interessant, dass es dann dort genau anders ist. Dass man diese Marken auf die Genre aufteilt.
Daphne: Ja, das wird immer wieder so gemacht in der Buchwelt.
David: Du wolltest jetzt nicht so ausführlich darüber erzählen, über deine Drehbuchzeit. Du hast gesagt, in 30 Jahren wurde quasi kein Drehbuch verfilmt. Aber trotzdem hast du in der Zeit ja ganz viel geschrieben. Du hast auch vorher, in der Zeit bevor du dann dein erstes Studium gemacht hast, hast du dich auch schon lange am Schreiben ausprobiert. Wie hast du dort durchgehalten. Was war dein dein Antrieb und was hat dich in all dieser Zeit durchhalten lassen und motiviert immer weiter zu schreiben und immer weiter zu machen?
Daphne: Also erstmal kann ich ganz pragmatisch sagen: Ich kann nichts anderes. Ich kann nur schreiben. Und ich wollte auch immer nur schreiben, und ich habe mir auch immer gedacht: “Okay, ich werde nie einen reichen Mann haben, und ich werde auch nie etwas erben oder so. Aber ich werde mein Haus erschreiben.” Und das habe ich gemacht. Also irgendwie war das … Das ist manchmal wie ein Wissen, dem man nur folgt. Weißt du, das ist wie eine Berufung, der man folgt. Und ich habe auch das Gefühl, dass ich die Geschichten gar nicht erfinde, sondern dass ich sie finde. Es ist, als wenn mir so ein Buch durchgereicht würde. Das hat, glaube ich, mal ein Bildhauer gesagt, wenn er eine Skulptur schafft, dann ist die Skulptur schon in dem Stein drin. Er muss sie nur freilegen.
David: Ja, das ist eigentlich ein schönes Bild. Also mir geht das auch so, dass ich die Geschichten, die ich erzählen möchte, gar nicht suchen muss in dem Sinne, sondern dass man da immer wieder drauf stößt. Und sich das eher aufdrängt und, so jetzt muss ich das Thema aber mal umsetzen. Aber es kommt ja dann trotzdem noch diese rein wirtschaftliche Komponente, würde ich jetzt mal sagen dazu. Dass man ja dann irgendwann auch sagt oder sagen muss: So, hey rentiert sich das Ganze für mich und kann ich tatsächlich davon leben? Wie hast du das gehandhabt? Hast du dann zwischendurch irgendwie noch nebenbei gejobbt und was anderes gemacht?
Daphne:Ja, das ist eine ganz lange Odyssee von verschiedenen Jobs. Also es ist natürlich so. Das ist erstmal verrückt, davon auszugehen, man könnte vom Schreiben leben. Ja, ich habe dann angefangen … Zum Beispiel. Also habe ich das Studium gemacht, da kam gerade Anton auf die Welt. Und dann hat man ja erstmal die ersten drei Jahre sowieso Baby-Zeit. Dann hatte ich solche Unterstützung, das war so… Ja, wir waren beim Sozialamt. Also da habe ich das nebenher so angefangen und hatte dadurch so ein bisschen Luft, weil es die ersten drei Jahre erstmal so ist. Dann kam Amazon nach Deutschland und der Erzeuger von Anton, der hat dann dort als Pressesprecher gearbeitet, als sie ganz frisch hier waren. Ich habe dann angefangen dort die Bücher zu rezensieren. Also habe ich wirklich die allerersten zehn Bücher für Amazon ausgesucht und rezensiert.
David: Das ist ja cool! Das kann auch nicht jeder behaupten.
Daphne: Daphne: Jetzt ist es cool, ja. Damals wusste man noch gar nicht, was daraus wird. Ich denke das jetzt auch öfter daran. Das ist 20 Jahre her. Ich saß mit den Gründern von Amazon Deutschland auf der Parkbank und wir haben überlegt, wie wir die Seite gestalten.
David: Richtig cool!
Daphne: Und da war ich eben so ganz am Anfang dabei und konnte so gut zwei Jahre davon leben, dass dort gut aufzubauen. Diese einzelnen Sparten. Dann kam irgendwann Musik dazu. Dann irgendwann Games. Dann Videos und so weiter. Ich habe das alles mit besprochen. Man handelt sich so nebenher von Job zu Job. Dann hatte ich ja diesen, ja diesen Game-Entwickler Job. Das ging immer so. Dann habe ich Antons Papa eins oder zwei sozusagen. Sagen wir mal, der biologische ist null. Ist ja auch egal. Auf jeden Fall war ich dann verheiratet. Dann weiß dadurch ein bisschen safe. Ja, mein Ex-Mann sozusagen hat mich dann auch so unterstützt bei dem Drehbuchstudium. Dann ging es in eine lange Odyssee, vier bis fünf Jahre, in dieser Haifisch-Filmwelt. Da bin ich ganz schön an die Wand gekommen. Also, da hatten wir uns dann irgendwann getrennt. Dann kam audible nach Berlin und dann habe ich bei audible gearbeitet. Richtig eine Zeit lang im Büro, um uns über Wasser zu halten. Also ich habe dann schon mit Anton wieder alleine gewohnt. Ich habe aber nebenher immer geschrieben und immer Stories mir ausgedacht. Und mir immer etwas überlegt. Dann kam irgendwann der Punkt, wo ich merkte, wenn ich jetzt nicht anfange, Romane zu schreiben… Das ging auch aus dieser Drehbuch-Erfahrung hervor. Denn ein Drehbuch ist immer etwas Unfertiges, woraus andere erst etwas Fertiges machen. Beim Roman ist es so: Du schreibst irgendwann “Ende” darunter und das Ding ist fertig. Du kannst es anderen Leuten zum Lesen geben. Es ist lesbar. Du brauchst niemanden, der das erst umsetzt und so weiter. Da wollte ich hin und da kam dann noch mal so eine Zeit, wo ich dachte: Okay, ich schaffe das nicht mit Arbeiten und Kind und alleinerziehend. Das schaffe ich nicht. Ich muss jetzt aufhören mit dem Arbeiten, mich hinsetzen, Romane oder erst mal einen Roman schreiben. Ich habe dann zwei geschrieben und habe dann Sozialhilfe-Zuschüsse gehabt. Ich war im Nachhinein sehr dankbar, dass es das gibt.
David: Total. Aber… ich bewundere da auch diesen Mut, zu sagen: So ich gebe jetzt einen Job, den ich vielleicht habe, auf und ich setze mich hin und verwirkliche meinen Traum. Weil sonst wird es nie etwas. Aber es klingt auch nach einer sehr harten Zeit, als alleinerziehende Mutter und Sozialhilfe und dann trotzdem irgendwie den Fokus finden, Geschichten umzusetzen und kreativ zu sein. Das stelle ich mir super schwierig vor.
Daphne: Ja, das war es auch. Also, wenn ich überlege … das erste Buch habe ich vorwiegend im Bett geschrieben – also das, was dann so der Knaller war, “Himmelstiefe”. Weil ich hatte in der Zeit irgendwie… Ich habe mal mitgezählt, ich war 25 mal beim Zahnarzt und habe 37 Spritzen bekommen. Also war ich richtig richtig ungesund. Ich war schon so ein bisschen am Ende durch diesen ganzen Geschichten davor und durch das, was du sagst, dass das schon auch hart ist. Aber ich hatte diese Zuversicht, weil ich diese Erfolge ja hatte. Also ich hatte an ich hatte das Drehbuch, das nominiert wurde. Wo ich den Vergleich hatte, dass ich gesehen habe: Mensch, das passiert nicht dauernd. Das ist jetzt nur mir passiert. Dann hatte ich dort auch tolle Leute, die irgendwie an mich geglaubt haben. So ein Tatort-Schreiber, der auch wirklich damit Millionär geworden ist. Er hat mich immer unterstützt. Er fand es toll, was ich mache. Ich hatte den damaligen Skript Doktor von Tom Tykwer, der auch immer toll fand, was ich mache. Das hat mir so eine Zuversicht gegeben. Weil ich dachte, ich kann das. Ich muss mich durchsetzen. Es geht nicht anders.Ich muss noch ein paar Romane schreiben. Ich hatte einen Agenten zu der Zeit, der auch gesagt hat, was der Markt sucht. Der auch an mich geglaubt hat. Und das, glaube ich, hat mir geholfen, trotzdem immer weiterzumachen.
David: Ja, ich glaube, das ist unglaublich wichtig, dass man Leute hat, die einen trotzdem irgendwie noch bestärken und sagen: Nein, das ist nicht nicht schlecht, was du machst. Irgendwie ist gerade nur nicht die Gelegenheit da. Aber das, was du machst, hat Hand und Fuß. Du hast in deinem eigenen Podcast – ich weiß gar nicht, in welcher Folge das war. Du hast gesagt: Es kommt nicht darauf an, gut zu sein, sondern auf ganz andere Dinge.
Daphne: Das war in Bezug auf die Filmwelt gemeint.
David: Ja, aber worauf kommt es denn deiner Meinung an? Wenn du jetzt da auf diese Zeit zurückblickst, worauf kommt es denn dann an?
Daphne: Also erstmal so unabhängig von allem anderen kommt auch darauf an, dass man sehr fleißig ist. Dass man einen starken Willen hat. Dass man es wirklich will. Dass man auch Ausdauer hat. Dass man immer dranbleibt. Das sind so diese eigenen Sachen, die ja auch immer noch zu einem Talent dazu gehören. Also Talent allein reicht auch nicht. Und man muss natürlich auch immer ein bisschen Glück haben, das denke ich auch. Also ich hatte eben wirklich auch hin und wieder Pech. Und dann reicht es auch nicht.
David: Welche Rolle spielen Kontakte? Dass man an die richtigen Leute gerät.
Daphne: Ja, Kontakte sind, glaube ich, nicht gleich Kontakte. Weil ich hatte ja durch mein Drehbuchstudium gute Kontakte. Also hatte ich das Gefühl, ich kannte irgendwann die ganzen Leute, die wichtigen Leute und Produktionen aus Deutschland zu der Zeit. Ich hatte Leute, die etabliert waren und das toll fanden, was ich mache. Aber die Kontakte haben mir irgendwie trotzdem nichts genützt. Es ist so ein bisschen wirklich Glück und was dann sein soll. Manchmal will das Leben bestimmte Sachen nicht für einen, die man denkt, man müsste die machen. Ich bin inzwischen auch so viel gelassener. Man kann immer nur… Ich sage immer, du kannst, wenn du etwas willst, bis zur Mitte gehen. Ab da muss es dir entgegenkommen. Ich stelle mir immer ein Fußballfeld vor. Weißt du, bis zur Mitte und auch da muss es dir entgegenkommen. Manchmal kommt es dir nicht entgegen und dann ist es am Besten, sich nicht ewig dagegen zu wehren, sondern einfach woanders lang zu gehen.
David: Ich glaube, das Schwierige an der Sache ist, herauszufinden, wo die Mitte ist, oder? Ich kenne das von mir. Dass man wirklich sehr sehr viel und sehr sehr hart arbeitet und dass man dann gar nicht so genau weiß, investiere ich gerade zu viel und lohnt sich das überhaupt oder nicht? Dieses Abwägen. Die Mittellinie tatsächlich sehen und finden, ist, glaube ich, super schwierig.
Daphne: Darum geht es wahrscheinlich auch immer wieder. Das ist ja auch so: In zwischenmenschlichen Beziehung geht es ja auch darum, gebe ich zu viel? Gebe ich zu wenig? Wo ist die Mitte? Wo stimmt es? Ja, das muss man immer wieder von Fall zu Fall, von Situationen zu Situationen sehen. Aber ich glaube, man muss immer etwas hinausgehen in den Äthe. Weil sonst kann gar nichts passieren.
David: Das sehe ich auch. Also ich bin zum Beispiel kein Fan von dieser Idee entdeckt zu werden oder so. Darauf zu warten, dass jemand dein Talent entdeckt und du dann so ganz groß herauskommst oder so. Ich höre das irgendwie oft von meinen Eltern. Irgendwann entdeckt dich jemand. Sowas ist, glaube ich, die absolute Ausnahme.
Daphne: Das glaube ich auch.
David: Genauso wie du das gesagt hast. Man muss halt – das ist auch meine Überzeugung – man muss erstmal etwas hinausgeben und man muss schon auch was dafür tun, damit man das bekommt, was man gerne möchte. Und seine Ziele verwirklichen kann.
Daphne: Das sehe ich auch so.
David: Zumindest nach dieser ziemlich harten Zeit, dieser Drehbuch-Zeit kam dann der große Durchbruch, würde ich mal sagen. Du hast dann dein erstes Buch von “Zauber der Elemente” selbst veröffentlicht.
Daphne: Das hatte auch eine Vorgeschichte. Weil der Agent hatte einen Verlag. Das war der Römer Knauer Verlag. Für die hatte ich das eigentlich geschrieben. Das war mit so einem kleinen Vorschuss, wie das immer für no-name Autoren ist. Dann bekommst du so 5.000 € für ein Jahr. Das hatte ich ja, und deswegen war auch klar, wenn ich das jetzt mache, muss ich mir Zuschüsse holen. Weil ich kann natürlich von 5.000 € im Jahr ich nicht leben. Daraus ist das auch entstanden mit dem Sozialamt. Als das Buch fertig war, sagten die dann plötzlich: Oh, wir haben jetzt die Fantasy-Sparte eingestellt. Das tut uns leid. Können wir jetzt ihre Hauptfigur, die 17 ist, nicht einfach mal 30 machen. Da haben wir eine Sparte. Ja, das ist so, wie wenn einer zu mir gesagt: Mach mal Harry Potter bitte 30. Wir haben jetzt keine Verlagssparte. Da hatte ich das Glück, dass mein Agent mich da irgendwie aus diesem Vertrag rausbekommen hat. Dann dachte ich, okay, das Ding ist nur auch wieder gescheitert. Was mache ich jetzt? Ich hatte parallel noch diesen ersten Liebesroman geschrieben, weil mein Agent meinte, das wird vielleicht auch gerade gesucht. Er hat es aber auch nicht unterbekommen können. Also ich saß auf zwei Romanen plötzlich. Dann ging es los mit diesem Self-Publishing. Amazon hat das zuerst angeboten, 2011. Ich hatte das immer schon so beobachtet, weil mich neue Sachen aber interessieren. Dann dachte ich, was soll’s? Dann haue ich das jetzt selber raus! Was soll’s. Und dann hatte ich zuerst diesen Liebesroman rausgehauen. Also das andere lag noch in der Ecke. Da war ich erstmal ganz am Ende mit der Sache. Das habe ich in die Ecke gefeuert. Dann gucke ich und sehe: Wow, ich verdiene. Damit habe ich plötzlich in einem Monat 400 € verdient. Dachte das ist ja ein Ding. Da wusste ich gar nicht, was noch alles möglich ist. Dann dachte ich: Jetzt holst du das andere auch aus der Ecke. Dann habe ich das andere geholt und mit dem ging es dann richtig richtig ab. Es war so ein mega Erfolg. Das war sieben Monate lang auf Platz eins Fantasy und sieben Monate in den Top 100 bei Amazon. Dann ging es los. Dann hat es sich umgedreht… Die Frau beim Sozialamt wurde schon unruhig, so nach anderthalb Jahren. Dann konnte ich ihr aber sagen: So, hier kann ich mich abmelden. Alles gut, es geht jetzt los. Dann ging es plötzlich so auf allen Ebenen. Erst mit Roman eins. Mit Roman zwei und dann habe ich noch angefangen für Amazon Publishing. Die kamen über audible auf mich zu, ob ich für die amerikanischen Bestseller, die Übersetzung lektoriere. Das habe ich dann auch noch gemacht. Ich habe dann einfach alles gemacht.
David:Das ist doch dann eigentlich erstmal ein tolles Gefühl, wenn man nach anderthalb Jahren zum Sozialamt gehen kann und sagen kann, hier Leute, ich habe es geschafft.
Daphne: Das war so. Genau das war so. Sie hat sich dann auch gefreut. Ich habe das auch verstanden. In Berlin gibt’s ja sehr viele Kreative und welchen Kreativen willst du nun glauben, dass es klappt. Ich hatte noch diesen Bonus, dass ich dieses Diplom hatte, das Drehbuch Diplom. Wo sie merkten, okay, sie hat eine Ausbildung in die Richtung. Ich fand es auch ganz schön, dass sie mich jetzt nicht irgendwo anders reinstopfen wollte. Im nächsten Schritt meinte sie, sie hätte mir einen Coach besorgt. Das fand ich eigentlich ein tolles Angebot. Also man hört ja immer sehr viel Negatives dort. Aber das kann ich jetzt nicht bestätigen. Ich habe da keine negativen Erfahrungen gemacht. Also es ist immer Druck. Es ist nicht angenehm. Ich möchte da wieder weg. Aber ich bin immer noch sehr dankbar für diese Unterstützung in so einem reichen Land hier, wie es bei uns möglich ist. Letztendlich gibt man ja auch wieder etwas zurück.
David:Total. Also, jetzt hast du wahrscheinlich schon dreimal abbezahlt.
Daphne: Ich habe das schon dreimal zurückgezahlt.
David: Wie muss man sich das vorstellen. Hast du dann dafür Werbung gemacht? Oder hat dich das tatsächlich einfach so aus der Kalten überrannt? Du hast es hochgeladen, hast gedacht, du guckst jetzt mal. Dann kamen die ersten 400 €. Du hast das zweite Buch hochgeladen. Dann war das ein Selbstläufer oder hast Du tatsächlich da auch richtig aktiv Werbung und Pressearbeit dafür gemacht?
Daphne: Ich denke mal, da habe ich den Fehler gemacht. Ich habe das nämlich nicht gemacht. Ich habe wirklich gar nichts machen müssen. Ich habe die ersten drei Jahre nichts machen müssen. Es lief einfach nur komplett von alleine. Ich dachte immer, toll, es läuft ja ganz von alleine. Ich muss gar nichts machen. Und dann aber ist irgendwann natürlich ja doch die ebook-Blase so ein bisschen geplatzt. So wie man es auch auf YouTube kennt. Das ist dann nach einiger Zeit, so drei-vier-fünf Jahre waren das. Das haben dann so viele Leute gemacht, dass du eben auch nicht mehr sichtbar wirst. Da haben sich jetzt am meisten die oben festgekrallt, die von Anfang an Werbung gemacht haben und ihre Kundschaft sich gehalten haben. Newsletter gemacht haben und sowas. Da ist, glaube ich, eine ganze Menge Potenzial verloren im Nachhinein, weil ich es nicht gemacht habe. Aber das war halt eine Lernaufgabe. Wenn man selber nicht aus dem Umfeld kommt und da auch nicht Erfahrung hat. Dann hatte ich das zumindest nicht so einen Blick, dass das wichtig ist. Das ist aber wichtig. Also so es sei denn, irgendwas fängt irgendwo neu an. Man ist einfach deshalb auch erstmal leichter sichtbar.
David: Wie machst du das heutzutage? Zur Klarstellung, heute arbeitest du wieder mit Verlagen zusammen?
Daphne: Nein, jetzt also inzwischen schon wieder nicht mehr, kann ich sagen.
David: Okay.
Daphne: Also die Verlage kamen dann auf mich zu. Diese “Zauber der Elemente” Reihe hatte erst ein Verlag herausgebracht. Dann hat er aber die Reihe nicht fortgesetzt. Dann kam der Löwe Verlag und hat die nochmal komplett herausgebracht. Auch dieser Aufbau Verlag kam auf mich dann zu nach dem Erfolg mit dem ersten Liebesroman. Sie kamen dann auf mich zu.
David: Die scannen natürlich auch die die Top 100, und gucken, was ist erfolgreich und womit können wir noch mal Geld machen
Daphne: Es kam sogar sehr spät. Die waren sehr spät dran, erst 2016. Dass die sich darum gekümmert haben. Dann ging es auch immer so ein bisschen um Folgeverträge. Beim Aufbau Verlag, das war eine ganz tolle Zusammenarbeit. Da musste ich leider dann absagen, weil ich gemerkt habe, ich schaffe das nicht, zwei Reihen nebenher zu schreiben. Ich muss das leider. Das war nicht mehr zu schaffen.
David: Das ist ja auch eigentlich gut, sag ich mal. Also wenn etwas so erfolgreich ist, dass man sagt: Okay, man hat jetzt nicht mehr die Zeit, noch mehr zu machen. Man kommt trotzdem irgendwie gut über die Runden. Aber es ist natürlich auch schade für die Geschichte oder für den Teil, der das gerne weiter erzählen will, oder?
Daphne: Ja, aber das kann ich selber entscheiden, wann ich was schreibe. Und das ist natürlich der totale Luxus. Das war, glaube ich, in der Zeit auch für die Verlage ein bisschen irritierend. Weil sonst natürlich jeder Autor, der in Frage kommt, nie Nein sagt. Das ist eine neue Situation auch für die Verlage gewesen, dass die Autoren plötzlich ins Überlegen kommen konnten. Och, mache ich’s? Mache ich’s nicht? Inzwischen ist es aber so. Auch durch Vertragserfahrung, wenn es dann um Folgegeschichten ging, dass ich merke: Ich mache es wirklich am liebsten ganz alleine. Ich bin einfach total gerne Indie-Autorin, weil ich alles komplett selbst steuern kann. Das ist, was mir richtig Spaß macht. Etwas, das bei mir auch immer noch gut funktioniert und ich kann immer noch gut davon leben. Deswegen ist gerade so der Stand, dass ich am liebsten gerne alles alleine mache.
Also du musst ja beim Verlag immer ein Exposé abgeben, die wollen ja sehen, was du schreibst. Du musst immer so Vorarbeiten. Ich arbeite nicht so. Ich arbeite lieber so, dass ich nicht immer diese Zwischenschritte machen muss, und schon immer jemandem etwas vorkauen muss, das ich selber noch gar nicht richtig weiß.
David: Also bei dir entwickelt sich viel dann an den Details erst während des Schreibprozesses.
Daphne: So ist es. Es ist angenehmer, das so ganz in seinem Rhythmus zu machen, so dass dann niemand mitredet.
David: Hast du da jetzt irgendwie einen Agenten oder so, der dann für dich sozusagen die Veröffentlichung trotzdem dann steuert?
Daphne: Nein, gar nicht. Da bin ich die Unternehmerin, die wirklich alles selbst macht.
David: Dann auch Druck und Covergestaltung?
Daphne: Alles. Ich habe das alles selber gelernt und fand das auch total spannend, das zu lernen.Ich habe dann so ein paar Sachen angefangen, zwischendurch an meinen Mann abzugeben. Dann lief es ja jahrelang auch so gut, dass ich gesagt habe: Mensch komm hör mal auf mit deiner Arbeit. Wir müssen jetzt an das nächste Setting ziehen. Komm mit und hilft mir lieber.
David: Er hat dann mitgezogen, oder?
Daphne: Er hat sich da voll mit reingehängt und wir hatten dann mit mehreren Leuten und Autoren zusammen eine Gruppe gegründet. Eine Gruppe Bestseller-Autoren und dann haben wir zusammen Stände auf der Messe gehabt. Da hat er dann den Messen Host gemacht und hat mir so das ganze Drumherum abgenommen, inklusive Steuern.
David: Das ist eine große Hilfe!
Daphne: Das ist eine große Hilfe. Wenn man nur noch kreativ sein kann. Das ist absoluter Luxus.
David: Das heißt, du arbeitest heute gar nicht mehr mit Verlagen und Agenten zusammen?
Daphne: Zur Zeit nicht. Ich bin auch gerade absolut zufrieden damit.
David: Schön!Würdest du das, wenn man jetzt irgendwie Tipps geben will, an jüngere, die auch mit der Idee spielen, das Schreiben zum Beruf zu machen oder zumindest davon träumen. Würdest du das direkt empfehlen, zu sagen, hey, mach das irgendwie im self publishing. Oder würdest du sagen, wenn jetzt der Verlag kommt, nehmt das ruhig erstmal wahr. Oder ist es immer abhängig vom Angebot? Oder was wären da so deine Tipps an junge Autoren?
Daphne: Also erstmal ein Buch über Dramaturgie kaufen. Also wirklich das Handwerk lernen. Dafür würde ich mir Zeit nehmen. Da gibt’s ja auch Studienangebote, wo man Fernstudien machen kann. Da gibt es inzwischen viel mehr in Deutschland. Auch da mich darüber belesen. Das Handwerk lernen. Wirklich immer schreiben. Jeden Tag schreiben.
Was man am Schluss dann macht, ob man beim Verlag unterkommt oder das selber macht. Da ist eigentlich alles möglich. Es hängt ein bisschen vom Genre ab, was die Verlage suchen. Oder was man schreibt. Es gibt Sachen, da ist klar, Novellen oder Gedichte oder Sachen, die jetzt nicht so Genre sind – die wird man ganz schwer bis gar nicht beim Verlag los. Aber da hat man die Möglichkeit, das trotzdem zu veröffentlichen. Und sei es erstmal nur im kleinen Kreis.
David: Dann aber hauptsächlich als eBook?
Daphne: Genau, als eBook. Aber man kann ja auch über Amazon, BOD auch die Taschenbücher herausbringen und so. Man hat auf jeden Fall die Möglichkeit, seine Sachen selbst zu veröffentlichen. Es ist immer eine Option.
David: Wie ist das?Findet man deine Bücher z.B., die du jetzt selber rausbringst auch in einer Buchhandlung?
Daphne: Du kannst ganz normal in den Buchhandel gehen und es bestellen.
David: Okay.
Daphne: Es sei denn, ich habe es nur bei Amazon herausgebracht, dann nicht. Weil Amazon hat die Verträge mit dem Verband lieferbarer Bücher nicht hinbekommen. Sie wollten Amazon nicht haben. [Lachen]
David: Vielleicht noch ein paar mehr Tipps. Also du sagst: Einfach schreiben. Sich wirklich mit dem Handwerk beschäftigen und dann würdest du aber schon sagen, die Sachen rausbringen und abwarten, was passiert? Oder gibt es Anlaufstellen, wo man sagt, okay, vielleicht für ein Stipendium bewerben oder bei Wettbewerben einreichen oder gibt’s da so eine typische Auswertungspyramide, wie ist das? Beim Film ist es so, dass man sagt, okay, ich bringe den Film heraus. Ich mache vielleicht eine Premiere. Dann ist irgendwie ein Jahr Festival-Auswertung. Dann wird es vielleicht irgendwie im Fernsehen gezeigt oder eine Online-Premiere. Dann kommt die DVD und dann ist das Projekt abgehakt. Oder wie ist da so der Gang der Dinge, wenn ich jetzt ein Buch fertig habe, zum Beispiel als junger Autor?
Daphne: Also wenn du ein Buch fertig hast, dann sollte das auf jeden Fall schon ganz wichtig, das Beste sein, was du zu dem Zeitpunkt zu geben hast. Also nicht zu schnell, zu früh raushauen. Das machen viele Autoren und dann ist es noch voller Fehler oder Schwächen. Und du hast nur einen Wurf. … Was ich dann schon empfehlen würde, wenn man nicht von vornherein sagt: Ich will sowieso nur Selfpublisher sein. Dann würde ich auf jeden Fall im nächsten Schritt immer empfehlen, einen Agenten zu suchen. Weil es über Agenten wirklich einfacher ist, an Verlage zu kommen. Also ich würde eher davon abraten, direkt an Verlage einzureichen, weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass das funktioniert. Auch spätestens bei der Vertragsfrage und auch aus eigenen Erfahrungen weiß ich, mit dem Agenten hat man ein anderes Standing. Dann ist der nächste Schritt: Agent. Aber auch die Agenten sind sehr gut bestückt. Sie kriegen eine Menge Einsendungen und deswegen: Ein Wurf und lieber noch ein Jahr länger daran arbeiten.
David: Das ist ganz interessant, weil ich in der letzten Folge von diesem Podcast als Empfehlung gegeben habe, auch zu machen. Wenn man jetzt irgendwie Filme macht, dass man einfach immer weitermacht und immer weitermacht. Damit man dort eben sehr viel lernen kann, einfach durch den Prozess an sich. Aber dann an irgendeinem Punkt zu sagen, so jetzt bin ich auch fertig. Und dort nicht zu perfektionistisch zu sein, weil ich die Erfahrung bei mir gemacht habe. Ich merke einfach an mir selber noch ganz stark, wie ich mich immer weiter entwickle, wie ich neue Techniken lerne, wie ich vielleicht auch einfach mit der Zeit gehe. Wie ich auch durch Filme, die ich selber schaue. Einfach immer neue Sachen lernen und man quasi permanent immer sagen könnte: Der Stand, den der Film gerade hat, ist eigentlich schon wieder veraltet, weil eigentlich kann ich jetzt schon wieder mehr. Deswegen traue ich mich jetzt nicht, das Produkt herauszubringen. Also man macht den Film. Dann ist er noch ein halbes Jahr in der Postproduktion. Oder ein dreiviertel Jahr. Und in der Zeit hat man sich schon wieder so weiterentwickelt, dass man irgendwie schon wieder Hemmung hat. Nein, also eigentlich will ich den jetzt nicht mehr herausbringen.
Daphne: Ah, weil es ein so langer Prozess ist, okay.
David: Genau und da habe ich als Tipp gegeben, einfach zu machen. Wirklich sich ein Zeitlimit setzen und sagen, bis dahin arbeite ich daran und bis dahin perfektioniere ich das. Aber wenn dann die Deadline erreicht ist, dann veröffentliche ich das und nehme mir vorher eine Plattform als Ziel. Dann lade ich das hoch und veröffentliche das. Dann ist das Projekt abgeschlossen für mich, und ich kann mich wieder Neuem widmen. Damit man nicht irgendwie in dieser Falle hängt, einfach nie fertig zu werden mit dem Produkt.
Daphne: Gut, das ist das Gegen-Extrem, wenn man zu perfektioniert. Aber ich sage immer so, man muss 80% liefern, dann läuft das Leben perfekt. Wer immer versucht 100% zu liefern, hat ein Problem, weil das Leben ist nicht vollkommen. Du solltest aber nichts abgeben, was erst 60% ist oder 50%. Also ich habe deinen letzten Film gesehen und du kannst! Natürlich wirst du dich entwickeln und wirst noch besser werden. Und wirst hier und da noch etwas herausholen. Man verändert sich ja auch als Kreativer. Aber so einen Grundkönnen muss erkennbar sein. Beim Roman muss die Geschichte funktionieren und die darf auch nicht voller Rechtschreib- und Grammatikfehler sein.
David: Okay ja.
Daphne: Da habe ich vor Augen, dass es wirklich noch zu unfertig ist. Aber das hat nichts mit dieser Entwicklung zu tun. Ich habe zum Beispiel jetzt einen meiner Liebesromane für mich überarbeitet, weil ich irgendwann die Rechte wieder bekomme, den ich dann noch mal selber herausbringen kann. Ich fand es nach acht Jahren total interessant.Ich bin jetzt viel eloquenter im Ausdruck. Ich habe einen viel größeren Wortschatz. Ich habe teilweise sogar gestaunt, was die Lektorin durchgehen lassen hat. Was ich als Lektorin jetzt niemals durchgehen lassen würde. Das sieht man natürlich eine Entwicklung. Trotzdem hat es eine Reife gehabt, dass ein Verlag gesagt hat, ich veröffentliche das.
David: Es ist spannend, wahrscheinlich reden wir da wirklich gerade über die beiden Extreme.
Daphne: Ja, vielleicht. Man muss wieder – was wir vorhin schon hatten – irgendwie den Mittelweg finden. Also ich glaube, dass man jemanden drüber schauen lässt und dass da keine Rechtschreibfehler drin sind und so. Das wäre jetzt für mich eher selbstverständlich, würde ich jetzt mal sagen. Also, dass man sowas nicht an einen Agenten schickt. Aber vielleicht ist es das auch nicht. Du hast ja wahrscheinlich mehr Erfahrung.
Daphne: Ja, das Bewusstsein ist manchmal nicht da, wie es noch voller Fehler ist. Weil mir das auch selbst passiert ist. Als ich mein erstes Buch hochgeladen habe. Da waren noch ganz schön Fehler drin und mir war das gar nicht bewusst. Weil ich dachte, ich schreibe es und dann lese ich einmal drüber. Dann habe ich alles gesehen. Das ist aber so ein verzwicktes Phänomen. Das ja auch Bücher zweimal durchgegangen werden mit Lektoren und dann noch mal zwei Korrekturen. Weil das dauert ,bis es sauber ist.Und dieses Wissen fehlt manchmal. Das ist den ganz jungen Autoren gar nicht klar.
David: Ja oder vielleicht auch einfach nur der Außenstehende Blick. Also wenn man einen Satz 10 mal gelesen hat.
Daphne: Genau, das ist auch ganz normal. Und das muss man wissen, dass man das auch wirklich dann noch mal gegenlesen lässt. Grundsätzlich muss man ja, glaube ich, schon auch ein Gefühl dafür bekommen, wann man was vielleicht auch kann. Oder wenn man ein erstes Buch geschrieben hat und das mal Leuten gibt, dann kriegt man Reaktionen, ob die sich jetzt zu Tode gelangweilt haben. Das darf man nicht der besten Freundin geben. Sie sagt immer, es ist toll.
Man sollte das am Besten schon mal so ein bisschen an Leuten weiter weggeben, die auch ihre ehrliche Meinung sagen. Also man sollte das antesten, ob das schon so gut genug ist.
David: Also ich habe tatsächlich inzwischen meinen Stamm an Leuten, würde ich sagen, die einfach immer meine Filme kriegen. Wo ich auch genau weiß, also z.B mein Bruder, der sieht jeden meiner Filme. Wo man auch sagen würde, ja okay, der Bruder, das wäre jetzt so eher wie die beste Freundin. Da ist immer alles schön. Aber ich weiß, von ihm kriege ich einfach die härteste Kritik.
Daphne: Das ist ein guter Bruder!
David: Genau, und da weiß ich ganz genau, wenn ich ihm den Film zeige, dann habe ich drei Tage später seitenweise Stichpunkte, wo ich irgendwo Details ändern sollte. Oder teilweise Strukturen umstellen soll. Oder irgendwas, was ihm nicht klar geworden ist.
Daphne: Sowas ist super, solche Leute braucht man. Dass man sich so einen Stab dafür schafft. Aber wie gesagt, es ist immer schon auf dem Niveau, dass du grundsätzlich dein Handwerk schon beherrschst. Dann kann gar nicht mehr so viel daneben gehen.
David: Vielleicht als kleiner Ausblick oder so als Abschlussthema – wir hatten ja schon mal drüber geredet. “Zauber der Elemente” sollte eventuell jetzt auch noch mal verfilmt werden, als Serie. Was ich eigentlich ganz schön fande, weil sich da ja theoretisch das Autorsein und Drehbuchautorin für dich verbunden hätte. Und dann doch irgendwie noch mal ein schönes Ende gefunden hätte. Du hast in deinem letzten Podcast erzählt, dass es dann doch leider auch nicht nichts geworden ist. Das war doch aber schon relativ weit das Projekt oder?
Daphne: Das war jetzt auch eine ganz spannende neue Erfahrung. Es passieren immer Dinge, mit denen man nicht rechnet, weil man das noch nicht kennt. Man denkt immer, man ist schon mit allen Wassern gewaschen. Aber das war auch wieder so eine ganz neue Nummer. Ja, das ist so gelaufen, dass ich einen Produzenten hatte und er war interessiert. Er wollte das umsetzen und dann fing es so an: Da müssen wir jetzt erstmal ein Konzept schreiben, um eine Förderung zu bekommen. Er hat ja nicht so viel Geld und das habe ich dann umsonst gemacht, weil ich dann dachte: Okay, ist ja mein Stoff, das ist spannend für mich. Das mache ich jetzt erstmal so. Dann war das immer mit der Option, wenn wir die Förderung bekommen, dann das Geld. Natürlich geht das Geld an die Autoren und das ist ja auch so bei deiner ersten Förderung, dass zu 80 bis 90 % an die Autoren gehen. An dieser Maßgabe habe ich erstmal so vorab etwas geleistet. Obwohl ich jetzt auch eigentlich schon weiß, es gibt inzwischen diese Vereinigung von Autoren, Drehbuchautoren, die sich zusammengeschlossen haben. Das ist so, in Amerika haben die Autoren richtig eine Gewerkschaft.
David: Das sind die, wo man in den Medien hört, dass sie streiken.
Daphne: Ja, und hier sieht es wirklich sehr schwer für Drehbuchautoren. Das war dann auch so meine Erfahrung und ich habe auch damals vor zehn Jahren im Verband Deutscher Drehbuchautoren versucht zu kämpfen. Aber das war schon kurz bevor ich dann aufgegeben habe. Da hat sich inzwischen aber so eine Gruppe von etablierten Autoren zusammengeschlossen, wo man sich so gegenseitig auch versichert, dass man bestimmte Sachen im Vertrag unterschreibt oder nicht unterschreibt. Jetzt habe ich den Faden verloren.
Diese Maßgabe ist eigentlich, man lässt sich schon für Exposé bezahlen. Darauf habe ich verzichtet und dann ging es um das Optionsgeld. Da meinte er dann, nein, das kann er auch erst zahlen, wenn wir die Förderung haben. Okay, da habe ich damals verzichtet, immer mit Blick auf die Förderung. Dann beim ersten Anlauf auf die Förderung war erstmal so unklar, ob wir sie kriegen. Da gibt es ein Ampelsystem. Die wissen immer schon vorher, ob das klappen könnte oder nicht. Wir standen auf gelb. Dann habe ich noch einmal Konzept 2.0 geschrieben. Dann haben wir tatsächlich diese Förderung bekommen und die ersten 50.000, um es weiterzuentwickeln. Dann lagen Wochen später die Verträge vom Produzenten vor, mit einem Bruchteil der Summe dieser Förderung. Ich dachte, wo ist denn das Geld jetzt hin? Warum landet das nicht bei uns? Da dachte ich, okay, da ist jetzt wieder irgendwas faul. Also das kann ja jetzt irgendwie nicht sein.Wir hatten ein Telefonat. Ich merkte irgendwie, dass er, seit diese Summe, die jetzt die Autoren, also ich und noch eine Dramaturgin, um uns beide ging es, und er hat die Summe immer weiter runtergerechnet. Er müsste ja davon noch irgendwie die Produktion. Und den Produktionsstab bezahlen. Und den Anwalt für die Verträge mit dem Verlag. Und und und. Es wurde mir immer komischer. Und dann habe ich mir ein bisschen Rückhalt geholt in meiner Kontrakt 18 Gruppe. Ja, habe mir dann einen Medienanwalt genommen und dachte, das wird jetzt sowieso zu kompliziert mit dem Vertrag. Das ist jetzt so weitreichend. Und es geht um meine Herzensbücher. Das mache ich nicht alleine, weil das hat weite Folgen. Man gibt dann irgendwie die Rechte ab. Was passiert, wenn die erste Produktionsförderung kommt, wie geht es weiter? Es muss alles vorher irgendwie wasserdicht sein. Da dachte ich, okay, ich nehme einen Medienanwalt. Der seitdem den Vertrag gegeben und der hat dann ein ordentliches Vertragsangebot gemacht und auch reingeschrieben, was die eigentlichen Summen sind, die jetzt auch bei den Autoren landen müssten. Und er hat mir auch noch mal erklärt, dass die Sachen, die der Produzent aufzählte, natürlich nicht von der Förderung bezahlt werden. Das ist eine Summe, die muss der Produzent selber haben. Auf jeden Fall hat sich der Produzent daraufhin wochenlang nicht gemeldet. Dann fragte der Medienanwalt noch das erste Mal nach, das zweite Mal nach. Und dann nach Wochen, ich glaube, acht bis zehn Wochen sind vergangen, hat er sich dann nicht bei dem Medienanwalt gemeldet, sondern bei mir. Und er meinte, er ist ganz aus dem Socken gewesen, dass ich jetzt einen Medienanwalt einschalte. Diesen Weg wollten wir doch gar nicht gehen. Ich meine, es ist normal, dass ein Autor das macht. Er hat ja seinen Entwurf auch mit dem Anwalt gemacht. Es war ein bisschen kryptisch. Er steigt jetzt aus dem Projekt aus und zieht sich zurück und gibt die Förderung zurück.
David: Hast du jetzt überhaupt etwas dafür bekommen, für die Arbeit, die du schon geleistet hast?
Daphne: Nein, gar nicht. 0,0. Das war nochmal eine finale Erfahrung in dieser Filmwelt. Mich hat es natürlich auch total verwundert, warum? Warum will er uns Autoren das Geld dann nicht zahlen?Was hat er mit dem Geld vor? Was will er damit machen? Ja, das war alles so ein bisschen seltsam. Und ja, aber gut. Ich meine, da hat man dann auch keine Arbeitsgrundlage. Wenn man dann sieht, okay, das ist die ganze Zeit schon so, dass er irgendwie kein Geld bezahlen will. Wo soll das noch hinführen? Aber bei der Geschichte denke ich… Ich habe ja schon viel Arbeit reingesteckt und ich bin jetzt eigentlich ganz froh. Ich habe alle Rechte bei mir.
David: Das wollte ich fragen, ob das jetzt zumindest alles bei dir geblieben ist.
Daphne: Genau, das ist alles bei mir. Weil es gar keine Verträge gab, ist das jetzt auch ein Vorteil. Ich kann ja trotzdem das Ding auf die Beine stellen. Ich kann dieses Drehbuch schreiben und ich werde es wahrscheinlich auch schreiben. Weil ich selber total gespannt bin, die erste Folge von mir zu sehen. Was ich da entwickeln werde. Ich möchte einfach wissen. Dann gibt es ja auch in diesem Bereich inzwischen mit den ganzen Streaming Plattformen die Möglichkeit, es selber einzureichen. Das ist ja auch alles möglich. Das war auch vor 10-15 Jahren nicht denkbar. Aber du kannst ja inzwischen als Auto auch immer selbst agieren.
Oder alternativ warte ich, bis mein Sohn aus den Pötten kommt und dann endlich doch noch Regisseur wird, womit ich ganz stark rechne.
David: Denkst du?
Daphne: Doch, also ich weiß, dass er ein Geschichtenerzähler ist. Er wird immer Geschichten erzählen müssen. Das ist diese Kernsache bei ihm und die Berufung. Ich denke, da kann das Medium immer noch mal wieder wechseln. Ich habe das ja erlebt, dass er da Jahre lang eine Begeisterung dafür hatte. Ich denke, es kommt wieder und dann liegen hier ein paar schöne Stoffe in der Ecke. Daran wird er sich ausprobieren.
David: Wenn du jetzt das Drehbuch geschrieben hast, würde es dich reizen, selbst auch Regie zu führen?
Daphne: Ja, das ist ein interessante Frage, weil das ist auch die Erfahrung, gerade auch so in den letzten Jahren in Deutschland. Dass letztendlich als Drehbuchautor setzt du dich am besten durch, wenn du dann auch Autorenfilmer wirst. Nur Drehbuch, da stehst du immer so ein bisschen im Regen. Da gibt’s auch viele Beispiele in der Filmwelt, dass man irgendwann selber die Regie führt. Aber ich weiß nicht, ob das so für mich das Richtige wäre. Ich glaube, das wäre so nicht das Richtige für mich. Ich würde da gerne mal daneben sitzen und vielleicht noch das Skript halten und zu gucken. Aber nein, da wäre es mir schon lieber, das macht jemand anders.
David: Das könntest du auch einfach so aus der Hand geben? Es wäre für dich nicht so: Ach nein, jetzt verhunzt da irgendjemand das, was ich mir irgendwie ganz anders gedacht habe- Du kannst schon sagen: Nein, ich habe jetzt mein Bestes für das Drehbuch gegeben und jetzt gebe ich das aber in andere Hände ab und der macht dann guten Film draus oder eine gute Serie.
Daphne: Also ich bin schon jemand, der immer erstmal ganz viel Vertrauen gibt, und dann hoffe ich nicht enttäuscht zu werden. Aber ich denke, vielleicht hat man auch die Möglichkeit, jemanden mit auszusuchen oder dass man Sachen zum Beispiel regelt, über diese Kontrakt 18 Regeln. Dass man sich sowas in den Vertrag auch als Autor schreiben lässt und sagt: Ich möchte da mitreden, wer das macht.
David: Also, dass man zumindest irgendwie Vetorecht oder sowas hat.
Daphne: Ja, genau. Das finde ich ganz interessant, dass man das so ein bisschen auf Augenhöhe mit jemandem sprechen kann. Dann finde ich es eine schöne Zusammenarbeit und so habe ich das auch beim Aufbau Verlag erlebt. Das war ganz toll. Sie haben mit mir auf Augenhöhe gesprochen und das ist keine Selbstverständlichkeit für Autoren. Dann glaube ich, ist alles möglich.
David: Du hast jetzt nicht die Lust daran verloren. Du hättest schon noch Lust, wenn das Drehbuch fertig ist, würde ich das auch gern noch umsetzen.
Daphne: Ja, man schreibt ein Drehbuch und ein Konzept, also ein Film-Booklet oder so. Das kann man ja einreichen bei Streaming Plattform. Das würde ich machen. Also das würde ich machen, warum nicht. Es ist ja schon alles gedacht und das Schöne ist diesmal auch im Vergleich zu meinem früheren Drehbuchautorin-Dasein: Die Romane sind da. Es ist alles bis ins Detail entwickelt. Es gibt eine Vorlage.
David: Die ganze Welt gibt es.
Daphne: Genau die ganze Welt. Es ist eine andere Situation. Da ist gar nicht so viel mitreden, da muss man nur gucken, dass man jemanden findet, der das macht. Aber wenn man auch schon das Drehbuch selbst geschrieben hat, dann kann auch schon ja noch ein bisschen weniger falsch gemacht werden.
Aber mal gucken. Wer weiß.
David: Ich würde es super super gerne als Serie sehen. Du hast mir ja schon mal so ein bisschen was gezeigt, was du da entwickelt hattest. Und ich fand es klang einfach super spannend.
Daphne: Okay, ich setze mich ans Drehbuch. Ich bleib dran. Wie immer.Bleibt immer alle dran!
David: Ja, genau, das kann man vielleicht so mitgeben. Was steht bei dir jetzt noch an. Du schreibst gerade an deinem 13. Buch.
Daphne: Ich schreibe an meinem 13. Buch und ich habe jetzt ein Fernstudium angefangen zum Personal Coach und psychologischen Berater.Weil man ist als Autor ja immer Halbautor und halb Psychologe. Ich finde es total spannend. Ich mache mal gerne mal was Neues und wechsle auch gerne die Perspektive und das überlege ich jetzt anzufangen.
David: Cool.
Daphne: Ansonsten bin ich auch Schreib- also Studienleiterin und unterrichte Schüler an einer der Schulen des Schreibens. Das mache ich auch weiter. Da habe ich ein paar tolle Studenten mit sehr vielversprechenden Büchern. Ich lektoriere. Jetzt habe ich gerade ein neues Lektorat bekommen und bin auf das Buch gespannt. Ich bin gerne in verschiedenen Positionen und kann auch so als zweiten Tipp für Kreative noch mitgeben: Wechselt immer mal die Perspektive. Das hält frisch.
David: Schön, ja vielen vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit genommen hast. Liebe Hörer vielen Dank fürs Zuhören. Schaut gerne bei Daphne vorbei, auf patreon.com/daphneunruh. Da erzählt Daphne selber noch mal in ihrem Podcast viele spannende Themen, wie sie zur Autorin gekommen ist, über die Zeit als Drehbuchautorin und auch ganz praktische Sachen zum Schreiben. Schaut gerne auch auf ihrer Webseite vorbei: www.daphneunruh.de. Daphne hast du noch abschließende Worte?
Daphne: Ich denke, es ist alles gesagt. Natürlich ist nicht alles gesagt. Das ist es nie. Es bleibt ein weites Feld und das bleibt immer spannend.
David: Vielen vielen Dank und wir hören uns bei der nächsten Ausgabe vom Campfire Talk. Macht’s gut, tschüss!